Diese Regelungen kritisierte Alexander Blažek, Vorstandsvorsitzender des Grundeigentümerverbandes Haus & Grund Schleswig-Holstein, scharf:
„Der Landtag verschlimmbessert heute das Schleswig-Holsteinische Nachbarrechtsgesetz. Dessen Regelungen sollen eigentlich dazu dienen, Streit zwischen Nachbarn zu vermeiden. Zum Beispiel ist im Nachbarrechtsgesetz die Höhe der nachbarlichen Hecke an der Grundstücksgrenze geregelt. Die Idee des federführenden Justizministeriums, die Verjährungsfristen zu verlängern und damit dem Rechtsfrieden zwischen dem Nachbarn zu dienen, ist praxisfern und vollkommen ungeeignet. Bislang verjährte der Anspruch, dass der Nachbar die Hecke zurückschneidet, in zwei Jahren (§ 40 Absatz 1 Nachbarrechtsgesetz). Diese Frist wird jetzt auf vier Jahre verlängert. Damit wird der Rechtsfrieden, den eine Verjährung erreichen will, verzögert. Ein Streitfall wird künftig ein teures „Vergnügen“. Kein Richter wird ohne ein aufwendiges Sachverständigengutachten beurteilen können, seit wann die zulässige Höhe der Hecke überschritten und somit die Verjährung eingetreten ist. Wie schnell eine Hecke wächst, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab: Licht, Boden, Pflege und Art der Hecke.
Es ist unbegreiflich, warum der Landtag den pragmatischen Vorschlag von Haus & Grund nicht aufgegriffen hat. Der Grundeigentümerverband hatte gefordert, dass eine Hecke 1,80 m hoch werden darf, so wie die typischen Holzlattenzäune aus dem Baumarkt. Die zulässigen Heckenhöhe beträgt nach dem Nachbarrecht lediglich 1,20 Meter (§ 37 Absatz 1 Nachbarrechtsgesetz). Daran stört sich erfahrungsgemäß niemand. Streit entsteht erst, wenn die Hecke übermannshoch wird und das Nachbargrundstück verschattet. Zäune dürfen nach § 6 Absatz 7 Nr. 5 der Landesbauordnung hingegen 1,50 Meter hoch sein; nach § 6 Absatz 1 Landesbauordnung ist auf einer Länge von 5 Metern auch 2 Meter Höhe erlaubt. Die regelmäßige Verjährung beträgt nach § 195 BGB 3 Jahre. Es staunt der Fachmann und der Laie wundert sich, warum das jetzt in der Gesetzesnovelle nicht vereinheitlicht worden ist. Das alles klingt nach einem Schildbürgerstreich.
Die neue Regelung, dass eine Wärmedämmung die Grundstücksgrenze um bis zu 0,25 Meter überschreiten darf, ist aus unserer Sicht verfassungswidrig. Zu diesem Ergebnis kommt auch das Landgericht Köln (Urteil vom 14. Mai 2020 – Aktenzeichen 29 S 223/19; nicht rechtskräftig; Entscheidung beim Bundesgerichtshof (Aktenzeichen V ZR 115/20) ist für den 15. Oktober 2021 terminiert.). Dem Land fehlt schlicht und ergreifend die Gesetzgebungskompetenz, da der sogenannte Überbau bereits in § 912 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt ist. Das Land will Eigentümern einer Grenzwand ermöglichen, diese nachträglich mit einer Wärmedämmung zu versehen. Aus Sicht von Haus & Grund ist dieser Eingriff in die Eigentumsrechte des Nachbarn, dessen Grundstück überbaut wird, unverhältnismäßig.
Zusammenfassend lassen sich diese vollkommen überflüssigen Änderungen des Nachbarrechts wie folgt beschreiben: Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, ist es notwendig, kein Gesetz zu machen!
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