- 50 Prozent der Unternehmen drohen finanzielle Schwierigkeiten
- Kreditversicherer Atradius: Deutlicher Anstieg der Insolvenzrisiken
Der deutsche Textileinzelhandel steuert auf ein weiteres schwieriges Jahr zu. Corona-bedingte Einschränkungen, Lieferengpässe und ausbleibende Kunden verschärfen die Situation für die stationären Anbieter von Textilien, Bekleidung, Lederwaren und Schuhen. „Rund die Hälfte des deutschen Textileinzelhandels droht, 2022 in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten“, sagt Michael Karrenberg, Regional Director Risk Services beim internationalen Kreditversicherer Atradius, in einer internen Analyse.
Große Teile des sogenannten Non-Food-Handels verzeichneten im vergangenen Jahr massive Umsatzverluste. „Wer nicht über einen gut funktionierenden Online-Handel oder eine starke und loyale Kundenbasis verfügte, musste schmerzhafte Einbußen hinnehmen“, sagt Michael Karrenberg. Die Umsatzverluste dürften sich nach Angaben des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels (HDE) in Milliardenhöhe bewegen. Besserung scheint auch in diesem Jahr nicht in Sicht.
Schon vor Corona musste der stationäre Einzelhandel mit Umsatzrückgängen aufgrund der Verlagerung zum Online-Handel kämpfen. Die Corona-Pandemie hat den Trend noch beschleunigt, ergänzt um weitere belastende Faktoren, wie etwa Lockdown-bedingte Schließungen sowie sich verschärfende Lieferengpässe. Dazu kommt noch eine immer stärker bemerkbar werdende Verödung der Innenstädte, die durch geschlossene oder gekündigte Geschäfte uninteressanter werden. „Für den niedergelassenen Handel ist keine wirkliche Erholung in Sicht“, so Karrenberg. Bereits im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Unternehmen, deren Risikorating von Atradius herabgestuft werden musste, erheblich an. Ein Großteil der von Atradius bewerteten Unternehmen wurde in ihrem Rating herabgestuft. Darunter auch große Modelabels und Bekleidungsketten.
Von der rückläufigen Entwicklung ausgenommen sind nach Einschätzung von Atradius nur jene Filialisten und Ketten, deren Kunden aufgrund des niedrigen Preisniveaus weiterhin stationär einkaufen und nicht online ausweichen können, da sie beispielsweise keine Kreditkarte haben. Zudem profitieren einige Unternehmen davon, dass sie während der Pandemie-bedingten Schließungen aufgrund ihrer Produktpalette als Geschäfte des täglichen Bedarfs eingestuft worden sind.
Nach Ansicht von Atradius muss sich der stationäre Textileinzelhandel besonders auf die beschleunigte Entwicklung hin zum Online-Handel schnellstens einstellen, um überlebensfähig zu bleiben. „Man kann davon ausgehen, dass sich die Kundenfrequenz in den Innenstädten nicht wieder auf ein Vor-Corona Niveau einpendeln wird. Nur wer online stark ist und stationär den Kunden mit neuen Konzepten nachhaltig ansprechen kann, bleibt im Geschäft“, so Karrenberg weiter. Schon vor der Pandemie waren in der Branche deutliche Umstrukturierungstendenzen erkennbar. Einige Unternehmen hatten erheblich investiert, aber dann kam Corona und damit hohe Verluste. „Die Rücklagen der Unternehmen sind geschmolzen und der Verschuldungsgrad wächst. Ohne die Corona-Hilfen und weitere Darlehen würde es viele Einzelhändler nicht mehr geben. Ob und wie lange sie durchhalten, hängt auch davon ab wie viele Rücklagen Unternehmen haben“, sagt Karrenberg. Er geht davon aus, dass die Auswirkungen der Pandemie auch bis ins kommende Jahr zu spüren sein werden.
Atradius ist ein globaler Anbieter von Kreditversicherungen, Bürgschaften, Inkassodienstleistungen und Wirtschaftsinformationen mit einer strategischen Präsenz in mehr als 50 Ländern. Die von Atradius angebotenen Produkte schützen Unternehmen weltweit vor den Ausfallrisiken beim Verkauf von Waren und Dienstleistungen auf Kredit. Atradius ist Mitglied der Grupo Catalana Occidente (GCO.MC), einer der größten Versicherer in Spanien und einer der größten Kreditversicherer der Welt. Weitere Informationen finden Sie online unter www.atradius.de.
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