Versuchen, der Not in einem armen Land entgegenzuwirken, sich dabei persönlich und fachlich weiterentwickeln und über den Tellerrand schauen – Hörakustik-Student Julius Wälder hat sich in den Semesterferien einem ganz besonderen Land mit einer verantwortungsvollen Aufgabe gewidmet. Im Februar 2022 war er in Bischkek, der Hauptstadt Kirgisistans, in Zentralasien. „Nach meinem Abitur habe ich schon ein freiwilliges Jahr in Ghana in Westafrika verbracht. Das hat mir sehr gut gefallen und mich geprägt. Ich bin froh um jede Möglichkeit, mein gelerntes Wissen umzusetzten und in der Praxis Erfahrungen zu sammeln. Da zeigt sich nämlich schnell, auf was es wirklich ankommt“, sagt Wälder.
Kirgisistan ist seit den 1990er Jahren ein Partnerland der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Mit seiner Gesundheitsstrategie 2019-2030 will das Land flächendeckend seine Gesundheitsdienstleistungen und die Qualität der medizinischen Grundversorgung verbessern. Trotzdem gibt es immer noch Probleme bei der Gewährleistung der medizinischen Grundversorgung. Das Land gehört aufgrund der schlechten Infrastruktur, Korruption, der Binnenlage und unzugänglichen Berglandschaft zu den ärmsten Staaten unter den ehemaligen Sowjetrepubliken. Ein weiteres Problem stellt laut WHO der Mangel an Fachärztinnen und Fachärzten sowie Spezialistinnen und Spezialisten dar: In den meisten Entwicklungsländern mangelt es an HNO-Ärztinnen und -ärzten, Sprachtherapeutinnen und -therapeuten sowie Lehrkräften für Gehörlose. Wälder ist über einen Freund auf das Projekt in Kirgisistan aufmerksam geworden: „Hier lebt seit 30 Jahren ein deutsches Ehepaar und kümmert sich um Schwerhörige, vor allem um Kinder und Behinderte. Dazu nehmen sie auch regelmäßig Unterstützende bei sich Zuhause auf und versorgen sie.“ Mit vielen Hörgeräten sowie mehreren hundert Hörgerätebatterien im Gepäck – gespendet von Hörakustik Schäfer Aalen sowie dem Studiengang Hörakustik/Audiologie der Hochschule Aalen – ist Wälder nach Kirgisistan gereist.
Wälder unterstützte die Menschen vor Ort für sechs Wochen mit seiner Expertise aus dem Studium: „Ich kann der Not hier kaum gerecht werden. Die Kinder laufen zum Teil mit zerbrochenen Ohrpassstücken oder veralteten oder falsch eingestellten Geräten am Ohr herum, sodass die Sprachentwicklung gehindert wird, da hierzu richtiges Verstehen beziehungsweise Hören von großer Bedeutung ist.“ Täglich nahm er mehrere Ohrabformungen im Schnelldurchlauf, fräste die Ohrpassstücke aus Silikon direkt aus der Abformung, überprüfte Hörgeräte und stellte diese richtig ein und geht auf Bedürftige zu, um ihnen Hörgeräte zu schenken. „Die kirgisische Regierung zahlt jedem stark Schwerhörigen ein monatliches Taschengeld, aber Hörgeräte sind hier für einen armen Bürger ungefähr so erschwinglich wie für uns ein Porsche“, macht Wälder deutlich.
Studiengangsleiter Prof. Dr. Steffen Kreikemeier zeigt sich vom Einsatz Wälders beeindruckt: „Ich habe höchste Achtung vor Menschen wie Herrn Wälder, die nicht nur sagen man machen müsste, sondern direkt anpacken. Dafür danke ich Herrn Wälder von ganzem Herzen. Über den Verein SINN-voll helfen e. V. haben wir so etwas schon in Jordanien mit Studierenden erfolgreich durchgeführt. Es freut mich, dass unsere Studierenden ihr erlentes Wissen aus den Bereichen Audiologie, Otoplastik, Hörsystemtechnik und Hörsystemanpassung direkt und auch unter stark erschwerten Bedingungen umsetzen können. Wir unterstützen als Studiengang auch in Zukunft Projekte dieser Art aktiv.“
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