Denn eine nach Maßgabe des vorliegenden Referentenentwurfs stattfindende virtuelle Hauptversammlung würde keine gleichwertige Ausgestaltung der Aktionärsrechte wie in einer Präsenzversammlung aufweisen, sondern bliebe deutlich dahinter zurück. So werden im Referentenentwurf unter anderem das Frage, Rede- und Antragsrecht weitreichend beschränkt. Auch die Anfechtungsrechte erfahren gerade an der technischen Schnittstelle als Instrument der Gewährung der Aktionärsrechte eine starke Einschränkung, was faktisch zum Anfechtungsausschluss führen würde.
Der im Referentenentwurf vorgesehen fast vollständige Verzicht auf interaktive Elemente nimmt den Aktionärsrechten ihre Durchschlagskraft, in dem über Tonalität und Gestik keine Schwerpunkte gesetzt werden können. Der Referentenentwurf übersieht ebenso, dass eine HV immer auch eine soziale Komponente aufweist. Eine Kommunikation zwischen den Aktionären könnte nach dem Entwurf nicht mehr erfolgen. Der Referentenentwurf sieht damit letztlich kein virtuelles, sondern ein rein elektronisches HV-Format vor.
Besonders kritisch ist auch der Umstand, dass der Referentenentwurf den Einsatz des virtuellen HV-Formats bei besonders wichtigen Beschlussgegenständen wie namentlich Strukturmaßnahmen (Kapitalerhöhungen, Umwandlung, Squeeze-Out u.a.) nicht ausnimmt. Rechtsanwalt Markus Kienle, Vorstandsmitglied der SdK, hält diese Regelungen für völlig unangemessen: „Derartige Beschlussgegenstände weisen in besonderer Weise die Notwendigkeit der Nahkommunikation zwischen Aktionären und Verwaltung sowie zwischen den Aktionären untereinander aus und erfordern die Möglichkeit des kontroversen Schlagabtausches“.
Soweit sich einzelne Elemente wie die Vorabeinreichung von Fragen als eine sinnvolle Weiterentwicklung des HV-Formats erwiesen haben sollten, sind diese Elemente angepasst in die HV-Präsenz zu transformieren, ohne die Ausübung dieser Rechte in der HV zu beschränken. Eines virtuellen HV-Formats bedarf es aus Sicht der SdK hierfür nicht. Schließlich werden im Referentenentwurf auch Sicherheitsaspekte bei der Ausübung des Stimmrechts nicht adressiert.
Auch um eine Evaluation vornehmen zu können, erscheint es uns sinnvoll, eine sog. „Hybrid-Hauptversammlung“, bei der die Teilnahme unter Gewährung aller Rechte sowohl in Präsenz als auch virtuell erfolgen kann, zu etablieren. Solche Hybrid-Hauptversammlungen enthalten als Königsweg Elemente einer modernen Hauptversammlung ohne dabei die Aktionärsrechte zu beschneiden.
Die vollständige Stellungnahme kann hier eingesehen werden.
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