Von Smartieforschern und Herzensretterinnen
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Kathmandu Nepal
Samstag, Feb. 8, 2025
Dass kein Tag dem anderen gleicht, gilt hier ganz besonders. Und diese Unvorhersehbarkeit macht für Vera Gajewski auch die Faszination ihres Jobs aus. „Zusammen mit der Möglichkeit, den Kindern und ihren Familien meist sofort helfen zu können, ist es einfach der beste Beruf.“ Ihre Kollegin Sakibe Demirtas nickt zustimmend. Gemeinsam laufen die beiden über den Flur, die kleinen Patient*nnen warten schon. Vera übernimmt das Mädchen mit dem entzündeten Finger. Sofie heißt sie. Eng an ihre Mutter geschmiegt, wartet die fast Vierjährige schon im Untersuchungsraum. Mit großen Augen schaut sie Vera an, auch ein Assistenzarzt ist schon da und lässt sich erzählen, was passiert ist. Schüchtern versteckt Sofie ihren Finger, auf dem große Blase prangt. Aus der harmlosen Hautreizung ist eine sogenannte Superinfektion geworden. Bakterien sind eingedrungen, der Finger ist geschwollen und gerötet. Sofie hat Schmerzen, ab und zu wimmert sie. Sie und ihre Mutter sind auf Empfehlung aus Gladbeck nach Duisburg gefahren, weil es hier eine Kinderchirurgie gibt. Der dazugehörige Oberarzt kommt jetzt auch dazu, denn die Blase muss geöffnet werden. Zuviel Rummel für das kleine Mädchen mit den langen braunen Haaren. Ihr Gesicht verzieht sich, der erste Schluchzer bahnt sich an. Vera redet beruhigend auf sie ein und bereitet zeitgleich alles für die Ärzte vor. Auch die Mutter gibt ihr Bestes, streicht ihrer Tochter sanft über den Kopf. Doch als das Mädchen sich auf die Liege legen muss, bricht es aus ihr heraus. Das Weinen ist schon herzzerreißend, bevor der Oberarzt den Finger überhaupt berührt. „Es ist oft nicht die Behandlung an sich, die die Kinder zum Weinen bringt, sondern schon das Hinlegen und Angefasst werden“, erzählt Vera später. Sie streichelt Sofie über den Arm, sagt ihr, dass sie am besten ihre Mama anschauen soll, die direkt neben ihr sitzt. Das hilft ein bisschen, aber nur kurz. Die Prozedur an sich ist nicht schmerzhaft, der Finger aber druckempfindlich, und Sofie brüllt nach Leibeskräften. Das Team aber kennt das und macht vorsichtig aber bestimmend weiter, bis alles gesäubert und der Finger dick verbunden ist. Sofie beruhigt sich schnell, bekommt eine Tapferkeitsurkunde und darf sich aus einer Spielzeugkiste etwas aussuchen. „Ich habe Hunger“, platzt es aus ihr heraus. Alle müssen grinsen. Die Anspannung löst sich. Vera gibt der Mutter noch die notwendigen Informationen und Rezepte mit auf den Weg: „Neben der rein medizinischen Arbeit ist der einfühlsame und aufklärende Umgang mit den Familien unsere Hauptaufgabe.“
Das beginnt schon am permanent klingelnden Telefon, über das Eltern ihnen täglich hunderte von Fragen stellen – etwa zu Symptomen, Hausmitteln oder Quarantäneregeln. Auch bei Ankunft der Familien in der Ambulanz ist das Pflegeteam der Hauptansprechpartner, Vera und ihre Kolleg*nnen übernehmen die Ersteinschätzung (Triagierung) der kleinen Patient*nnen, geben die Daten ein und beruhigen dabei zeitgleich Eltern und Kind. Das ist manchmal nicht ganz einfach, vor allem, wenn es kommunikative Barrieren gibt. Das Team ist mit sieben Sprachen, darunter Türkisch und Polnisch, schon gut ausgestattet, doch oft müssen sie sich zusätzlich mit Händen und Füßen verständigen. Und dass der Job sie manchmal an ihre Grenzen bringt, gibt auch Vera offen zu: „Niemand von uns steckt das einfach so weg, wenn er ein Kind reanimieren muss.“ Auch versuchte Suizide oder Kindesmisshandlungen, aggressive Eltern und aktuell die Pandemie gehen an die Substanz. „Wir unterstützen uns als Team gegenseitig und reden offen und viel über diese Belastungen, aber manchmal kann auch ein Gespräch mit dem psychologischen Dienst des Klinikums notwendig sein.“ Tauschen würde Vera Gajewski trotzdem nicht, auch wenn sie über die Jahre pragmatischer geworden ist: „Ich weiß mittlerweile, dass ich nicht die ganze Welt retten kann, aber solange ich hier noch etwas bewege, mache ich es auch.“
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Helios Klinikum Duisburg
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