Für Alle(s) was dabei?!

„Funktionieren müssen“ – diese (Erwartungs-) Haltung ist fest verankert in unserer Gesellschaft, privat und beruflich. Auch spielt Selbstoptimierung bei vielen Menschen eine zunehmende Rolle. Zuhause in der Schublade häufen sich Präparate zur Linderung verschiedenster Befindlichkeiten und Beschwerden oder dienen als Upper/Downer im Alltag. Im Leben vieler Menschen haben Arzneimittel einen selbstverständlichen Platz eingenommen – auch in Berlin. Die Verfügbarkeit ist vielfältig: In Drogerien, Supermärkten und Apotheken kann rezeptfrei auf diverse Medikamente zugegriffen werden. Zudem liefern neue Start-ups via App Medikamente bequem in kürzester Zeit nach Hause. Doch unkritische Selbstmedikation ohne ärztliche Abklärung kann gefährliche Konsummuster anbahnen und Wechselwirkungen von Arzneien befördern.

Die Zahlen sprechen für sich: In Berlin leben circa 464.000 Personen mit einem wöchentlichen Schmerzmittelgebrauch (in den letzten 30 Tagen) sowie schätzungsweise 100.000 Personen mit einer Medikamentenabhängigkeit. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen schätzt, dass deutschlandweit circa 1,5 – 1,9 Millionen Menschen medikamentenabhängig sind.

Unter dem Motto „Für Alle(s) was dabei?!“ möchte die in 2011 gegründete Berliner Initiative gegen Medikamentenmissbrauch im Zeitraum vom Tag der Patient:innensicherheit am 17.09.2022 bis zum 23.09.2022 nun im dritten Jahr in Folge Berliner Bürgerinnen und Bürger sowie Fachkräfte für einen verantwortungsvollen Umgang mit Medikamenten sensibilisieren. Nach wie vor ist davon auszugehen, dass die Anzahl an Menschen, die Medikamente riskant konsumieren, hoch ist. Medikamentenabhängigkeit – auch „stille Sucht“ genannt – steht weiterhin an zweiter Stelle der Suchterkrankungen in Deutschland.

Gesundheitssenatorin Ulrike Gote: „Es ist sehr wertvoll für unsere Stadt, dass die Initiative gegen Medikamentenmissbrauch vor mehr als 10 Jahren in Berlin ins Leben gerufen wurde. Medikamentenabhängigkeit ist eine stille Sucht, die in der Öffentlichkeit leider immer noch kaum thematisiert wird. Daher rufe ich Sie auf: Lassen Sie uns das Problem gemeinsam adressieren und enttabuisieren. Nur so können wir es auch lösen. Tragen Sie gerne zur öffentlichen Wahrnehmung der Aktionen bei oder bringen Sie sich als Kooperationspartner:in in das Netzwerk ein.“

Anke Timm, Geschäftsführerin der Fachstelle für Suchtprävention Berlin: „Die Initiative setzt sich seit über einem Jahrzehnt mit zahlreichen Akteurinnen und Akteuren dafür ein, den weit verbreiteten riskanten Medikamentengebrauch sichtbarer zu machen. Ziel ist es, die Berliner Awareness Woche Medikamente dauerhaft in Berlin zu etablieren. Hiervon versprechen wir uns, das Thema in den kommenden Jahren regelmäßig und nachhaltig in den Lebenswelten und Köpfen der Gesamtbevölkerung und Fachwelt präsent zu halten und sie zur Reflexion ihres Umgangs mit Medikamenten anzuregen.“

Die diesjährige, mit der Awareness Woche verbundene, bezirkliche Sensibilisierungsoffensive richtet sich an Hausärztinnen und Hausärzte. In deren beruflichem Alltag kann ein umsichtiges Verschreibungsverhalten potenziell suchtfördernder Mittel einen wichtigen Einfluss auf die Entwicklung einer Medikamentenabhängigkeit haben – wie z.B. bei älteren Menschen, der Hauptbetroffenengruppe der Frauen oder Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte.

Weitere Informationen zur Initiative und deren Aktionen:

www.berlin-suchtpraevention.de/initiative

Anlaufstellen im Suchthilfesystem Berlin:

www.landesstelle-berlin.de/adressen/broschueren/sucht-drogen-rat-hilfe

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