„Oktoberfest als Millionen-Feldversuch zeigt: Bei hohen Infektionsraten gibt es Grenzen“

Im Talk der Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) zeigte die Leiterin des Instituts für Transplantationsimmunologie an der Medizinischen Hochschule Hannover Professorin Dr. rer. nat. Christine Falk mögliche Kapazitätsgrenzen nach Spreading-Events auf und betonte die Bedeutung eines COVID-19-Echtzeit-Monitorings.

Im aktuellen Live-Talk der Ärztekammer Niedersachsen am 10. Oktober war Professorin Dr. rer. nat. Christine Falk, Leiterin des Instituts für Transplantationsimmunologie an der MHH und Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, zu Gast. Die Expertin, die auch Mitglied im Corona-ExpertInnenrat der Bundesregierung ist, bewertete die aktuelle Entwicklung des COVID-19-Infektionsgeschehens grundsätzlich positiv. So sei es vor allem den wirksamen Impfungen zu verdanken, dass sich hohe Infektionszahlen nicht direkt auch in hohe Krankenhausbelastungen übersetzten. Allerdings wies die Immunologin auf Limitationen hin: Das zeigten auch die Erfahrungen nach dem Oktoberfest in München. Der „Millionen-Feldversuch“ mache deutlich, dass [die verfügbaren Kapazitäten] in einer Situation, in der sich der Großteil der Erkrankten nicht ins Krankenhaus begeben müsse, trotzdem bei sehr hohen Infektionsraten an die Grenzen kämen. Eine zeitnahe Online-Bewertung und die Erfassung von belegbaren und betreibbaren Betten seien hier wichtige Parameter, „die wir auf dem Radar behalten müssen“. Die Frage, ob wir uns gesellschaftlich eine Veranstaltung wie das Oktoberfest leisten könnten, hänge, so Falk, auch immer damit zusammen, wie gut die Echtzeit-Erfassung der verfügbaren Kapazitäten sei. Die bestehenden Monitoring-Systeme bewertete die Wissenschaftlerin im Vergleich zu vorherigen Phasen als deutlich verbessert. „Damit sollten wir gut gerüstet in den Herbst/ Winter gehen können“, so die Professorin. Neben anderen Themen wie die vierte Impfung, Long-Covid und der Schutz vulnerabler Gruppen war auch die Bedeutung wissenschaftlicher Fakten in der bisherigen Pandemiezeit Thema im Talk. Angesprochen auf ihre eigenen Erfahrungen, resümierte Falk: „Mir ist noch nie so klar geworden, in welcher Bubble auch ich mich bewege, mit Menschen, mit denen man kommuniziert, die alle Fakten ähnlich aufnehmen und verarbeiten.“ Sie habe festgestellt, dass es Gesellschaftsgruppen gebe, die sich ganz anders informierten und die „wir nicht erreicht haben“. „Ich habe für mich mitgenommen, dass in der Kommunikation noch sehr viel Luft nach oben ist, was wir anders angehen sollten in der Zukunft.“ Für sie sei ein Beispiel die Impfstoff-Entwicklung: „Es ist völlig untergegangen, dass die Impfstoffe 20 Jahre Entwicklungsarbeit hatten aus der Krebsforschung. Und nur, weil wir diese 20 Jahre hatten, war es dann möglich, so schnell Impfstoffe herzustellen“, betonte die Forscherin.Seit März 2020 veranstaltet die ÄKN regelmäßig Live-Talks zu aktuellen Themen mit Expertinnen und Experten aus Politik, Wirtschaft und Medizin.Die neue Live-Talk-Folge können Sie über den Youtube-Kanal sowie die Webseite der ÄKN aufrufen. Darüber hinaus können Sie alle bisherigen Folgen auch im Nachgang auf Youtube ansehen.Sie haben eine konkrete Frage oder eine Themenidee, die wir im Talk besprechen sollten? Schicken Sie uns diese gerne per E-Mail an kommunikation@aekn.de.

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