In der Medizin ist es mittlerweile anerkannt, dass es geschlechtsspezifische Unterschiede gibt, die in der Therapie Berücksichtigung finden müssen. So können Arzneistoffe bei Frauen anders wirken als bei Männern, da sich die Geschlechter im Körperaufbau, in den Organen und auf hormoneller Seite deutlich unterscheiden. Unter anderem zeigen sich Unterschiede in der Verträglichkeit und auch in der Wirksamkeit von Tumortherapien.
„Während in Fachrichtungen wie der Kardiologie Unterschiede zwischen den Geschlechtern bereits seit einiger Zeit berücksichtigt werden, ist die Onkologie noch weitestgehend ‚geschlechterblind‘“, erläutert Barbara Quenzer, stellvertretende FSH-Bundesvorsitzende. „Angesichts der personalisierten Medizin, die in der Behandlung von Krebs eine immer größere Rolle spielt, ist es erstaunlich, dass das biologische Geschlecht in der onkologischen Therapie bislang so wenig Beachtung findet.“
Frauen werden in medizinischen Studien nach wie vor seltener mit einbezogen oder sogar ausgeschlossen, weil eine Schwangerschaft eintreten könnte oder hormonelle Schwankungen befürchtet werden. Viele Forschungsgrundlagen beziehen sich auf den sogenannten Norm-Mann. Und in onkologischen Leitlinien wird nicht darauf hingewiesen, dass biologische Faktoren die Therapie beeinflussen können, da nach wie vor evidenzbasierte Empfehlungen zum geschlechtergerechten Einsatz von Medikamenten fehlen.
„Hier muss sich vieles ändern, damit Frauen entsprechend ihrer biologischen Voraussetzungen richtig behandelt werden“, fordert Quenzer. „Die FSH wird sich in den entsprechenden Gremien dafür einsetzen, dass Genderaspekte zukünftig besser untersucht und in die Praxis angewendet werden.“ Dazu gehört für die FSH auch die gendergerechte Behandlung von Männern mit Brustkrebs. Diese werden genauso behandelt wie Frauen, obwohl noch nicht ausreichend untersucht ist, ob sie im gleichen Maße von einer antihormonellen Therapie profitieren wie weibliche Betroffene.
Die Forderungen der FSH lauten unter anderem, dass künftig klar vorgegeben werden muss, inwieweit auch geschlechtsspezifische Unterschiede in Arzneimitteln-Studien zu prüfen sind. Die an einer klinischen Prüfung Teilnehmenden müssen das gesamte Spektrum der Betroffenen repräsentieren – das schließt neben dem Alter auch das Geschlecht mit ein. Außerdem muss die Tatsache, dass Frauen und Männer medizinisch unterschiedlich behandelt werden sollten, auch in Lehre und Ausbildung von Medizinerinnen und Medizinern deutlicher vermittelt werden. Mit anderen Worten: Die gendergerechte Medizin muss in der Onkologie deutlich stärker vorangetrieben werden, als es zurzeit der Fall ist.
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