Im entschiedenen Fall ging es um die Anfechtung gegenüber einem Factoring-Unternehmen. Der Insolvenzverwalter hatte diesem vorgeworfen, zwar vielleicht nicht selbst über die desolate finanzielle Situation der Schuldnerin Kenntnis gehabt zu haben, meinte aber, der Factor müsse sich zurechnen lassen, dass seinem Kunden die Finanznot der späteren Insolvenzschuldnerin bekannt gewesen sei. Dieser habe die mit ihrer Zahlung überfällige Schuldnerin mit dem nachdrücklichen Hinweis auf drohende Nachteile selbst zur Zahlung bewegt und danach offensichtlich von den finanziellen Problemen Kenntnis gehabt. Das Berufungsgericht war dem gefolgt und hatte den Factor zur Zahlung verurteilt, der den Prozess in erster Instanz noch gewonnen hatte.
Der IX. Zivilsenat des BGH hob diese Entscheidung wieder auf und folgte der erstinstanzlichen Entscheidung des Landgerichts. Eine Wissenszurechnung sei zwar grundsätzlich möglich, wenn „der Wissensvertreter nach der Arbeitsorganisation des Geschäftsherrn dazu berufen sei, im Rechtsverkehr als dessen Repräsentant bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung zu erledigen und die dabei anfallenden Informationen zur Kenntnis zu nehmen“. Allerdings bedürfe es dazu mehr als einer Regelung im Factoringvertrag, wonach der Anschlusskunde den Factor bei der Durchsetzung von Ansprüchen gegen Debitoren zu unterstützen und Informationen über die Zahlungsunfähigkeit eines Debitors mitzuteilen habe.
Dabei handele es sich um nicht mehr als eine sich auch § 402 BGB ergebende (gesetzliche) Nebenpflicht des Forderungsverkäufers, die dem Factor als Erwerber die (eigene) Durchsetzung der Forderung erleichtern solle und deren Verletzung lediglich einen Schadenersatzanspruch gegenüber dem Verkäufer nach sich ziehe. Anders als bei der Unterstützung des Factors beim Forderungseinzug durch einen ihn repräsentierenden Dienstleister sei der Anschlusskunde hier nicht in dem Sinne in die Organisation eingebunden, dass er für den Factor aktiv werde. Der Anschlusskunde könne zwar grundsätzlich auch ohne Auftrag, also gleichsam auch aus eigener Initiative für den Factor tätig werden, dann aber müsse dieser davon zumindest gewusst und seine Billigung zum Ausdruck gebracht haben. Entsprechende Anhaltspunkte seien vom Insolvenzverwalter aber nicht dargetan und bewiesen worden.
Alleine dass der Factor nicht selbst umgehend aktiv geworden sei, reiche überdies auch keineswegs als Hinweis darauf aus, dass dieser sich auf entsprechende Aktivitäten seines Kunden verlassen habe. Vielmehr sei davon auszugehen, dass derartige Aktivitäten regelmäßig von dem Anschlusskunden vor allem zur Abwendung negativer Folgen für das eigene Geschäft entfaltet würden, insbesondere wegen der Besorgnis, durch Ausschöpfung von Debitorenlimits werde der Ankauf weiterer Forderungen behindert und damit die eigene Liquidität gefährdet.
Die Entscheidung ist für die Einordnung von Anfechtungsrisiken beim Factoring von erheblicher Bedeutung. Auch wenn der betroffene Factor im entschiedenen Fall aufatmen konnte, ist allerdings bei einer Verallgemeinerung Vorsicht geboten. Gelingt dem Insolvenzverwalter der Nachweis, dass die Bemühungen des Anschlusskunden dem klaren Ziel einer Unterstützung des Forderungseinzugs durch den Factor dienten, bleibt das Risiko einer Zurechnung dessen Kenntnisse. Einer pauschalen Wissenszurechnung durch die Gerichte ist aber erfreulicherweise zunächst ein Riegel vorgeschoben.
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