Bei der Betrachtung der Schadensfälle zeigt sich schnell, dass Korrosion in der Regel aus zwei Gründen entsteht. Zum einen führt die Verletzung einer Lackschicht schnell zur Rostbildung, da die fehlende Schutzschicht punktuell angegriffen wird. Diese Verletzungen können durch Stöße oder Kratzer verursacht werden, die oft auf unzureichende Transportverpackungen zurückzuführen sind. Aggressive äußere Umwelteinflüsse verstärken das Problem zusätzlich. Zum anderen gibt es häufig Korrosionserscheinungen, die an den Kanten beginnen, obwohl die Oberfläche keine offensichtlichen mechanischen Verletzungen aufweist. Dies wird als klassische Kantenkorrosion bezeichnet. Die Ursache dafür liegt meist in einer unzureichenden Lackschichtdicke an den Kanten. Hier sind hauptsächlich zwei Faktoren entscheidend: scharfkantige Substrate und die Viskosität der verwendeten Lacksysteme.
Um der Kantenkorrosion entgegenzuwirken, werden heutzutage häufig Zweischichtaufbauten eingesetzt. In der Regel kommen glatte Epoxydsysteme oder Epoxy-Polyestersysteme als Grundierung zum Einsatz. Aufgrund technischer Gegebenheiten weisen diese jedoch oft eine ungeeignete Viskosität auf, was zu einer starken Kantenflucht führt. Das Resultat ist eine deutlich zu geringe Schichtdicke an den Kanten, die oft im einstelligen Mikrometerbereich liegt. Es besteht oft der Trugschluss, dass dies in Kombination mit einer Deckbeschichtung ausgeglichen werden kann. Allerdings liegt die Gesamtschichtdicke bei einem solchen Zweischichtaufbau immer noch unter 20 µm.
Eine mechanische Verrundung der Oberfläche kann hier Abhilfe schaffen. Wir möchten jedoch klarstellen, dass ein einfaches Entgraten nicht zielführend ist. Untersuchungen der Qualitätsgemeinschaft Industriebeschichtungen e.V. und von www.blech-entgratung.de zeigen, dass eine Verrundung mit einem Radius von mindestens 0,4 mm erforderlich ist, um einen sicheren Schichtaufbau von über 60 µm zu gewährleisten. Dies hat nicht unerhebliche Kosten zur Folge.
Eine weitere sichere Option ist der Einsatz einer neuartigen, mikrostrukturierten Epoxydgrundierung. Diese Grundierung enthält barrierebildende Zusatzstoffe, die einen exzellenten Korrosionsschutz bieten und gleichzeitig eine hervorragende Kantendeckung gewährleisten. Wir betonen, dass die mikrostrukturierte Oberfläche keinen negativen Einfluss auf das Erscheinungsbild der anschließenden Deckbeschichtung hat. Dies war neben der Kantendeckung und dem Korrosionsschutz einer der entscheidenden Faktoren bei der Entwicklung dieser Grundierung.
Um die erhöhte Kantendeckung zu veranschaulichen, haben wir verschiedene Lackaufbauten im Querschliff verglichen. Im ersten Fall handelt es sich um eine typische glatte Epoxydharzgrundierung (Bild 1). Im Vergleich dazu zeigt dasselbe Substrat mit unserer neuen kantenoptimierten Grundierung (Bild 2). Der Schichtaufbau beträgt im ersten Fall nur etwa 2 µm, während die Schichtdicke an der Kante des gleichen Bauteils über 100 µm liegt. Auf der Fläche liegen beide Grundierungen in etwa auf ähnlichem Niveau. Eine anschließende Überbeschichtung mit einem Polyesterdeckpulver bringt kein zufriedenstellendes Ergebnis (Bild 3). Ein Schichtaufbau von 15 µm bietet keinen sicheren Korrosionsschutz. Erst mit der optimierten Grundierung wird ein zuverlässiger Kantenschutz mit über 100 µm erreicht. Interessanterweise zeigt der Zweischichtaufbau mit der mikrostrukturierten Grundierung bei der anschließenden Decklackierung immer noch eine klare Kantenflucht (Bild 4). Die Schutzwirkung stammt somit fast ausschließlich von der Grundierung.
Ein anschließender KSP-Test (Korrosionsschutzprüfungs-Test) mit beiden Grundierungen untermauerte diese Beobachtung. Die Dauer des KSP-Tests wurde so gewählt, dass sie einen NSS-Test über 720 Stunden simulieren sollte. Die Bleche wurden mit Zinkphosphatierung vorbehandelt und lediglich mit der Grundierung beschichtet. Auf eine mechanische Verrundung der Bleche wurde verzichtet, um die Schutzwirkung der Grundierung in den Vordergrund zu stellen. Die Schichtdicke betrug dabei auf der Fläche jeweils etwa 70 bis 90 μm. Nach dem KSP-Test war bei der Standardgrundierung bereits ein vollständiges Ablösen des Lackfilms im Bereich der Bohrlöcher (Bild 5) sowie beginnende Kantenkorrosion an den übrigen Kanten zu erkennen. Die neuartige mikrostrukturierte Grundierung zeigte hingegen keinerlei Veränderungen des Lackfilms; die Oberfläche war komplett unbeschädigt (Bild 6).
Um die besonders hohe Schutzwirkung an scharfen Kanten zu belegen, hat Pulverit ein extremes Versuchsszenario entwickelt. In diesen Tests wurden handelsübliche Rasierklingen sowohl im Einschicht- als auch im Zweischichtaufbau mit den jeweiligen Pulverlacken beschichtet, ohne die Oberfläche mechanisch zu verrunden. Bei der Standardgrundierung schimmert die Schneidekante deutlich durch (Bild 7), und die Wulstbildung im Kantenbereich ist eine Folge der Kantenflucht. Im Gegensatz dazu zeigt die optimierte Grundierung keinerlei Durchschimmern der Schneidekante und einen gleichmäßig dünnen Aufbau (Bild 8). Querschliffbilder verdeutlichen die Unterschiede. Der Zweischichtaufbau mit der klassischen Grundierung weist an der Schneidekante praktisch keine messbare Schichtdicke auf (Bild 9), was eine weitere Verschlechterung im Vergleich zu den vorherigen 15 µm darstellt. Mit der optimierten Grundierung erzielen wir an der Rasierklinge immer noch einen Wert von 61 µm (Bild 10), was unter diesen Bedingungen exzellent ist.
Wir sind uns bewusst, dass dieses spezielle Prüfszenario extrem ist und in der Praxis nur selten ähnliche Herausforderungen vorkommen. Dennoch verdeutlicht es die Unterschiede zwischen beiden Systemen und zeigt das hohe Potenzial der optimierten Grundierung in Bezug auf Kantenschutz.
Der beste Kantenschutz muss sich jedoch auch in einem klassischen NSS-Test bewähren, um die theoretische Überlegenheit auch praktisch zu bestätigen. Daher wurde das Korrosionsverhalten der Grundierung in einem NSS-Test über 2000 Stunden geprüft. Ein Zweischichtaufbau mit der optimierten Grundierung 16J0/0083 und einem Polyurethandeckpulver in RAL 7031 wurde gewählt. Bei der nasschemischen Vorbehandlung kam eine Fe-Dickschicht-Phosphatierung mit No-Rinse-Passivierung (Haug) zum Einsatz. Nach 2000 Stunden Prüfdauer konnte eine Enthaftung am Ritz zwischen 0 und 1,5 mm sowie eine Korrosion am Ritz zwischen 0 und 1,5 mm festgestellt werden (Bild 11). Um mögliche Kantenkorrosion an diesen Probestücken zu beurteilen, wurden die Kanten nicht zusätzlich geschützt. Das Ergebnis war auch hier komplett unauffällig und zeigte keinerlei Anzeichen von Korrosion (Bild 12).
Abschließend möchten wir betonen, dass bei der Entwicklung der Grundierung großer Wert auf einen möglichst universellen Einsatzbereich gelegt wurde. Dies betrifft sowohl die Einbrennparameter, die von Angelieren bis Durchhärten reichen, als auch die Applikation. Eine Pulver-in-Pulver-Applikation mittels Tribopistolen ist möglich. Da es sich bei dieser Grundierung um eine sehr feine Mikrostruktur handelt, kann sie praktisch ohne visuelle Einbußen mit jedem Glattpulver überbeschichtet werden. Der Standardfarbton Perlweiß RAL 1013 eignet sich hervorragend, um anschließend mit kräftigen Gelb-, Rot- oder Orangetönen überbeschichtet zu werden – ohne dass die Grundierung durchschimmert oder der Farbton des Deckpulvers negativ beeinflusst wird. Auf Wunsch sind auch andere Farbtöne möglich.
Insgesamt stellt diese neuartige Grundierung einen neuen Benchmark dar, was hohen Korrosionsschutz in Kombination mit exzellenter Kantenabdeckung betrifft. Neben einem sehr guten allgemeinen Korrosionsschutz schützt sie auch gezielt scharfe Kanten durch den Aufbau einer wirksamen und ausreichend dicken Lackschicht vor Kantenkorrosion. Korrosionsschäden können somit deutlich reduziert und in vielen Fällen sogar vollständig vermieden werden.
Pulverit Deutschland GmbH
Im Wert 3
73563 Mögglingen-
Telefon: +49 (7174) 7193000
Telefax: +49 (7174) 71930099
http://www.pulverit.it/deutsch/
Telefon: +49 (7174) 719300-0
Fax: +49 (7174) 719300-99
E-Mail: s.albano@pulverit.de