In vielen Museen und Sammlungen in Niedersachsen finden sich auffallend große Bestände aus Indonesien. Das mag auf den ersten Blick überraschen, da Indonesien eine niederländische Kolonie war. Von diesen wurden rund 1.450 ethnographische Objekte, circa 300 naturkundliche Präparate und daneben sechs bisher nicht näher erforschte menschliche Überreste in dem Projekt „Kolonialzeitliche Sammlungen aus Indonesien in Niedersachsen“ ausgewählt, um deren Herkunft in Kooperation mit Expert:innen aus Indonesien und den Niederlanden näher zu erforschen. Die am Projekt beteiligten Museen und Sammlungen sind das Landesmuseum Hannover, das Staatliche Naturhistorische Museum – 3Landesmuseen Braunschweig, das Städtische Museum Braunschweig, die Ethnologische Sammlung der Georg-August-Universität Göttingen, das Roemer- und Pelizaeus- Museum Hildesheim, das Landesmuseum Natur und Mensch Oldenburg, die Naturforschende Gesellschaft zu Emden von 1814 und das Ostfriesische Landesmuseum Emden. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin konnte die Indonesien-Expertin Roberta Zollo gewonnen werden. Gefördert wird das über zwei Jahre laufende Projekt vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste.
Der Einfluss der Niederlande in Indonesien reicht bis in das 17. Jahrhundert und die Entstehung der „Vereinigten Ostindischen Kompanie“ zurück. Doch wie gelangten niedersächsische Museen und Sammlungen zwischen 1850 und 1920 in den Besitz von Beständen aus Indonesien? Sicher spielte die historisch-geografische Nähe eine entscheidende Rolle. Dies und weitere Umstände der deutschniederländischen- indonesischen Verflechtungsgeschichte sollen im Rahmen des Projekts näher untersucht werden.
Der Forschungsverbund ermöglicht den Blick auf verschiedene Epochen und Regionen, aber auch auf „Typen“ der damaligen Akteure, vom reisenden Adel über Unternehmer und Kaufleute, Ärzte und Militärs bis hin zu Missionaren. Die Forschungen können somit Licht auf unterschiedliche Zugangswege und Aneignungspraktiken werfen und die gewonnenen Erkenntnisse auch für Sammlungen außerhalb Niedersachsens relevant und nutzbar machen. Ziele des Verbundvorhabens sind somit die Kontextforschung zu den jeweiligen Aneignungs- und Sammlungsnetzwerken, die Identifizierung von sensiblen Subjekten und Objekten sowie deren interdisziplinäre Erforschung im Austausch mit indonesischen und niederländischen Expert:innen. Durch eine internationale Konferenz im Jahr 2026 und die mehrsprachige Veröffentlichung der zu untersuchenden Bestände in einschlägigen Datenbanken im In- und Ausland soll schließlich ein Dialog über den weiteren Umgang mit den Subjekten und Objekten eröffnet werden.
„Die Provenienzforschung gehört zu den wichtigsten erinnerungspolitischen Aufgaben der Museen in Deutschland. Im Bewusstsein seiner Verantwortung hat das Land Niedersachsen 2014/15 das Netzwerk Provenienzforschung initiiert. Wir freuen uns als Museumsverband für Niedersachsen und Bremen in Kooperation mit dem Netzwerk einen Beitrag zur Aufarbeitung der niedersächsischen Kolonialgeschichte zu leisten und sind dem Deutschen Zentrum Kulturgutverluste dankbar für die großzügige Förderung.“ (Dr. Thomas Overdick, Geschäftsführer des Museumsverbandes für Niedersachsen und Bremen e. V.)
„Das Verbundprojekt wird Grundlagenforschung zur Herkunft von relevanten kolonialzeitlichen Indonesien-Beständen in Niedersachsen in vergleichender Perspektive und unter Einbeziehung von Expert:innen aus den Niederlanden sowie den Herkunftsregionen leisten. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse zu den untersuchten Beständen werden wichtige Erkenntnisse für nachfolgende Forschungen bereitstellen.“ (Dr. Claudia Andratschke, Koordinatorin Netzwerk Provenienzforschung in Niedersachsen)
„Das Projekt schärft den Blick für die Komplexität kolonialer Verflechtungen. Ich hoffe sehr, dass unsere Forschung zu kolonialzeitlichen Indonesien-Beständen dazu beitragen wird, einen offenen Dialog zwischen Europa und Indonesien zu stärken.“ (Roberta Zollo, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt „Kolonialzeitliche Sammlungen aus Indonesien in Niedersachsen“)
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