„Baufirmen können ihre Kapazitäten nicht nach dem Prinzip Hoffnung ausbauen“
In der aktuellen Vergabevorschau der DB sind die jährlich vorgesehen Bauvorhaben bis 2026 zahlenmäßig aufgestellt. Dieses Jahr will die DB beispielsweise 262 Eisenbahnbrücken ausschreiben. In den folgenden Jahren bis 2026 stehen weitere 291, 433 und 300 Brücken an. Drei Eisenbahntunnel mit 22,3 Kilometern Länge stehen 2023 zur Vergabe an sowie 400 Bahnübergänge, 20 Personenunterführungen und 120 km Lärmschutzwände. Darüber hinaus will die Bahn in diesem Jahr 2.100 Gleiskilometer bearbeiten. Ab kommenden Jahr geht die jährliche Bauleistung allerdings bereits wieder zurück.
Die Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen e.V., als größte Interessenvertretung namhafter Bahnbauunternehmen in Deutschland, hat die Vorschau „mit gemischten Gefühlen“ aufgenommen, wie es deren Hauptgeschäftsführer Michael Gilka beschreibt. „Der von der Bahn angekündigte Hochlauf der Mengen findet sich leider nicht in allen Gewerken wieder“ ist Gilka enttäuscht. „Wir vermissen außerdem die Kontinuität – zum Teil sind die Mengenansätze ja sogar schon wieder reduziert statt gestiegen“, analysiert der BVMB-Vertreter.
Die DB habe gegenüber der BVMB auf deren Kritik hin ausgeführt, dass gestiegene Bau-, Material und Logistikkosten der Grund dafür sei und man hoffe, in den laufenden Haushaltsverhandlungen mit den zuständigen Bundesministerien noch deutlich mehr Investitionsmittel zu erhalten, so dass man dann noch die Vergabemengen für die kommenden Jahre anpassen könnte. „Es kann doch niemand verlangen, dass eine Bauunternehmung auf der Basis von Hoffnungen Kapazitäten entsprechend aufbaut und in Maschinen und Innovationen investiert, dafür braucht es Planungssicherheit und Verlässlichkeit“, appelliert Gilka zugleich auch an die Bundesregierung, die Haushaltsansätze für die Eisenbahninfrastruktur massiv anzupassen, wenn die Schiene als Verkehrsträger konkurrenzfähig zur Straße werden soll.
Fachkräftemangel wird zu „Hängepartie der Bauwirtschaft“
Auch die Fachkräfteproblematik werde damit „zur Hängepartie für die Bauwirtschaft“, so Gilka weiter. „Wie soll man junge Menschen bei einem hohen Konkurrenzkampf in der Industrie um Fachkräfte für den Bahnbau begeistern und gewinnen, wenn keine verlässliche Auslastungssituation für die spezialisierten Bauunternehmen besteht und die Arbeitsbedingungen im Eisenbahnbau extrem anspruchsvoll sind“, verweist er auf den hohen Anteil an Nacht-, Wochenend- und Feiertagsarbeit im Gleisbau. Aber auch eine Investitionssicherheit in teure Spezialmaschinen, z. B. für den maschinellen Gleisbau oder die Elektrifizierung von Strecken, wird damit „zu einem Vabanquespiel“.
Als nicht erfüllt sieht die BVMB bisher auch ihre Forderung an, dass neben den so genannten Hochleistungskorridoren, also der „geballten“ Komplettsperrung und -sanierung von hoch belasteten Bahnstrecken für mehrere Monate, auch für die Unternehmen genug Aufträge zur Verfügung stehen, die bei diesen komplexen Großprojekten mit nicht zu unterschätzenden Risikopotential nicht zum Zuge kommen, also leer ausgehen. „Die DB und der Bund als Strategietreiber der Hochleistungskorridore haben hier die Verantwortung, dass man diese oftmals mittelständischen Bauunternehmen im Bahnbau nicht verliert. Deshalb muss auch sichergestellt werden, dass das jährliche Baubudget zumindest um die finanziellen Mittel ergänzt wird, um die die Sanierung der Hochleistungskorridore teurer wird als die ursprünglich geplanten Instandsetzungskosten dieser Strecken. Alles andere wäre auch bei einem Investitionsrückstau von derzeit 80 Mrd. € im Netz nicht zu verstehen und ein weiter so beim Kaputtsparen der Bahn“, bringt es Gilka auf den Punkt.
Essenzielle Entwicklung für den Klima- und Verkehrswandel
Die BVMB stellt indes eine klare Forderung der mittelständischen Bauwirtschaft auf: „In der Vergangenheit gab es keine solide Planungssicherheit für die Bahnbauunternehmen. Das gilt es jetzt zu ändern!“ Dabei gehe es, so Gilka, nicht nur um die Auslastung insbesondere der mittelständischen Bauunternehmen. „Diese Entwicklung ist ja ebenso essenziell nötig für eine leistungsfähige und zuverlässige Eisenbahninfrastruktur in Deutschland.“ Wer sich die Klima- und Verkehrswende vom Individualverkehr hin zu einem Massenverkehrsmittel wie insbesondere der Bahn politisch auf die Fahnen geschrieben habe, „muss dafür auch was tun und nicht nur Worthülsen produzieren.“
Die BVMB ist ein bundesweit tätiger, tarifpolitisch ungebundener Wirtschaftsverband, der die Wirtschafts-, Markt- und Wettbewerbsinteressen seiner mittelständischen Mitgliedsunternehmen auf politischer Ebene sowie gegenüber Auftraggebern aus allen Baubereichen vertritt. Bereits seit 1964 setzt sich die Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen e.V. (BVMB) für die Interessen der mittelständischen Bauwirtschaft ein. Unsere Mitgliedsunternehmen erwirtschaften mit ihren insgesamt mehr als 250.000 Mitarbeitern ein Umsatzvolumen von rund 30 Mrd. Euro pro Jahr. Aufgrund der Strukturen unserer Mitgliedsunternehmen – von kleineren und größeren – bis hin zu sehr großen Straßen-, Brücken-, Hoch-, Erd-, Gleisbau- oder Bahnsicherungsunternehmen sowie deren Lieferanten, deckt die BVMB einen Großteil des Spektrums der deutschen Bauwirtschaft ab.
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