§177 Abs.1 StGB – die Bewertung von Stealthing in Deutschland

Sexualität erfordert Konsens – soweit, so klar. Doch nicht zwingend ergibt sich aus Konsens auch absolute Straffreiheit für den einvernehmlichen Geschlechtsverkehr. Das sogenannte Stealthing beschreibt die unerwünschte und geschützte Ejakulation in den Körper des Opfers, beispielsweise durch unbemerktes Entfernen des Kondoms. Dem Sexualpartner wird vorgetäuscht, dass ein Kondom zur Verhütung von ungewollten Schwangerschaften und sexuell übertragbaren Krankheiten. Eine klare Regelung zur Strafbarkeit steht in Deutschland noch aus. Den Tatbestand des Stealthings als solches gibt es bislang nicht.

Seitens des Bundesgerichtshofs wurde allerdings bekräftigt, dass Konsens zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr mit Kondom nicht Sex ohne Kondom mit abdeckt. Somit ist die Einstufung als Vergewaltigung und damit eine Verurteilung nach § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB denkbar.

Beschuldigte wegen Stealthing müssen handeln

„Wer wegen Stealthing beschuldigt wird, muss proaktiv handeln“, erklärt Rechtsanwalt Nikolai Odebralski, der sich auf Sexualstrafrecht spezialisiert hat. „Es spielt keine Rolle, ob das Delikt als sexuelle Übergriffigkeit oder Vergewaltigung vor dem Richter landet, eine Anzeige wegen Stealthing ist eine Anzeige wegen einer Sexualstraftat“, so der erfahrene Jurist weiter.

Viele Männer machen den Fehler, den Vorwurf des Stealthings nicht ernstzunehmen. Sie gehen davon aus, dass die vorherige Einvernehmlichkeit eine Straftat ausschließt. Selbst wenn Stealthing als solches noch keinen eigenen Paragraphen hat, ist die Strafbarkeit bei Einstufung als Vergewaltigung oder sexuellen Übergriff gegeben. Es bestand keine Einigkeit zum Weglassen des Verhütungsmittels, daher ist laut BGH ein Vergewaltigungsvorwurf denkbar.

Für Nikolai Odebralski gibt es im Falle eines Tatvorwurfs bzw. einer Anzeige nur einen richtigen Weg, den zum Anwalt. Beschuldigte, die selbst mit der Polizei sprechen, bringen sich nur noch mehr in Schwierigkeiten. Sämtliche Korrespondenzen sollten und müssen durch einen erfahrenen Anwalt für Sexualstrafrecht geführt werden.

Stealthing als schwieriges Thema mit unklarer Rechtslage

Das ungewollte Weglassen des Kondoms seitens des Mannes, kann der Frau in mehrerer Hinsicht schaden. Geht es rein um Stealthing selbst, ist eine Verurteilung wegen Vergewaltigung möglich. Ergeben sich jedoch weitere Nachteile für das Opfer, beispielsweise durch die Übertragung einer Geschlechtskrankheit, wird zusätzlich der Tatbestand vorsätzlicher Körperverletzung relevant.

In der Praxis zeigen sich solche Fälle meist als „Aussage-gegen-Aussage-Delikte“. Wie ist es möglich zu beweisen, dass die Partnerin der Entfernung des Kondoms nicht zugestimmt hat? Für Betroffene faktisch unmöglich, was den Vorwurf so ernst macht.

Obwohl die Zahl der realen Delikte die Zahl der Falschaussagen sicherlich überschreiten mag, gibt es immer wieder Fälle falscher Anschuldigungen. Gründe dafür sind vielseitig, nicht selten steckt eine Affäre dahinter, bei der das vermeintliche Opfer aufgrund einer unerwarteten Schwangerschaft oder einer Geschlechtskrankheit plötzlich in Erklärungsnot gerät.

Eigenständige Hilfe bei Anzeige wegen Stealthing fast unmöglich

Wer nichts getan hat, neigt dazu Anzeigen und Vorwürfe nicht ernstzunehmen. Mit dem festen Glauben an das Rechtssystem verzichten Beschuldigte nicht selten auf die Hilfe eines Anwalts. Sie gehen felsenfest davon aus, dass das Gericht sie nicht fälschlicherweise verurteilen wird. Meist gelingt es im Zuge einer Beweisaufnahme tatsächlich, falsche Vorwürfe zu entkräften und damit ein echtes Verfahren zu umgehen.

Auch Nikolai Odebralski hat mit seiner Kanzlei bereits für viele Mandanten die sprichwörtliche „Kuh vom Eis“ geholt. Da wurden Angeklagte freigesprochen oder Verfahren eingestellt. Sein Tipp an alle, die sich mit einer Strafanzeige wegen Stealthing, sexueller Nötigung oder eines anderen Delikts aus dem Sexualstrafrecht konfrontiert sehen: „Suchen Sie Hilfe bei einem erfahrenen Anwalt, der sich auf das Thema spezialisiert hat.“ Der Autor des Buchs „Strafverteidigung im Sexualstrafrecht – ein Praxishandbuch“ kennt die Schwierigkeiten bei solchen Vorwürfen und steht bundesweit mit seiner Kanzlei für Betroffene zur Verfügung.

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