Natürlich stellt sich zunächst die Frage, warum überhaupt einen Handelskrieg androhen, wenn sich Volkswirte einig sind, dass niemand davon auf lange Sicht profitiert. Dafür reicht im Prinzip ein Blick auf das Handelsdefizit der USA mit Europa. Dieses belief sich 2023 auf über 150 Milliarden Euro (Vgl. Abbildung 1). 2003 waren es noch um die 60 Milliarden Euro. Die USA hat damit letztes Jahr 150 Milliarden Euro mehr aus Europa importiert als umgekehrt. Trump missfällt also, dass Europa „zu wenig“ amerikanische Güter konsumiert, ohne jedoch auf deren Wettbewerbsfähigkeit einzugehen. Zudem möchte Trump, dass europäische Firmen mehr in den USA produzieren und somit vor Ort Arbeitsplätze schaffen und Steuern zahlen. Trump hat bereits den möglichen Umfang an Strafzöllen angekündigt: 60 Prozent für China und 10 bis 25 Prozent für den Rest der Welt. Doch was bedeutet das für die Inflation und Zinsen?
Das ist bisher schwer abzuschätzen, da noch immer unklar ist, auf welche Produkte Trump sich fokussieren will, sollte er tatsächlich Strafzölle umsetzen. Für Europa ist ein umfänglicher Strafzoll kategorisch auf alle Güter unwahrscheinlich. Vielmehr ist mit einer selektiven Auswahl an Gütern zu rechnen. Das war beispielsweise 2018 bei Importen von Stahl und Aluminium aus Europa in die USA der Fall. Strafzölle auf Exporte haben aber per se erstmal kaum Einfluss auf die Inflation in Europa, auch wenn die Preise etwas fallen könnten, da nicht verkaufte Mengen auf dem europäischen statt dem amerikanischen Markt bleiben könnten. Viel entscheidender ist jedoch, wie Europa und die Europäische Union (EU) reagiert.
Entscheidet sich etwa die EU genauso Strafzölle auf bestimmte Güter aus den USA zu erheben, werden diese logischerweise hierzulande teurer. Hierbei ist unwahrscheinlich, dass sich Europa auf dieselben Produkte fokussiert wie die USA, sondern vielmehr sich auf Kategorien bezieht, die eine große Bedeutung für die amerikanische Wirtschaft haben oder von strategischer Relevanz sind. Das könnten beispielsweise Kraftstoffe sein, die im großen Umfang nach Europa exportiert werden. Das Problem dabei ist jedoch, dass zwar damit die amerikanische Ölindustrie stark getroffen wird, aber genauso der europäische Verbraucher, der an der Tankstelle sein Auto tanken möchte. Am strategisch sinnvollsten sind daher Produkte, die im großen Umfang nach Europa aus den USA exportiert werden, aber durch europäische oder nicht-amerikanische Produkte ersetzt werden können, ohne mit Preiserhöhungen rechnen zu müssen. Das lässt sich aber nicht immer 1:1 umzusetzen, zumal Gegenmaßnahmen zu weiteren Gegenmaßnahmen führen können und es damit zu einer Eskalationsspirale kommt.
Es verwundert also nicht, dass die EZB-Präsidentin Christin Lagarde vor möglichen Gegenmaßnahmen warnt. Stattdessen schlägt die Währungshüterin vor, bestimmte amerikanische Güter zu kaufen, um Verhandlungsbereitschaft zu signalisieren. Alles andere würde amerikanische Güter hierzulande in der Tendenz eher teuer lassen werden. Damit müsste die EZB die Zinsen anheben, was aber keinen Einfluss auf die Strafzölle hat, sondern nur auf den Preis, womit die Notenbank in Teilen ihre Handlungsfähigkeit verliert. In der Vergangenheit ist aber ein umfänglicher Handelskrieg mit den USA ausgeblieben, womit sich die Preise und damit die Zinsen hierzulande kaum verändert haben. Dass Trump bereits vor offiziellen Amtsantritt derartige Ankündigungen macht, spricht für seine Verhandlungsbereitschaft und macht Hoffnung, dass es zu keiner Eskalation kommt. Anders sieht es hingegen bei Produkten aus China aus.
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