Martha – ein jüdisches Frauenleben zwischen Assimilation und Vernichtung

Am Freitag, den 15. Juni um 20:00 Uhr in der Stadtbücherei Lauterbach beginnt die Veranstaltungsreihe „Nie wieder Krieg!“, die vom Soroptimist International Club Lauterbach-Vogelsberg in diesem Jahr durchgeführt wird. Diese und die folgenden Veranstaltungen (Vorträge, Lesungen und Konzerte) umrahmen die große Verhüllungsperformance am 1. und 2. September, während der das Lauterbacher Löwenkriegsdenkmal mit roter Wolle für vier Wochen in ein Friedensdenkmal verwandelt wird.

Sophia Mott stellt in ihrer Lesung ihr aktuelles Buch vor, das sich Martha Liebermann widmet, der Frau des Malers Max Liebermann. Die Autorin hat die Ergebnisse ihrer umfangreichen Recherchen, die sie nicht nur nach Berlin, sondern auch in die Schweiz und nach Schweden führten, in Romanform niedergeschrieben und verleiht Martha Liebermann darin posthum eine eindringliche Stimme.

Im Februar 1935 starb der jüdische Maler Max Liebermann, langjähriger Präsident der Akademie der Künste, Ehrenbürger Berlins und Mitglied einer Familiendynastie, die deutsche Politik und Wirtschaft geprägt hatte. In seinen letzten Lebensjahren war er zunehmend antisemitischen Angriffen ausgesetzt. Seine Witwe Martha versuchte, ihr Leben so weiterzuführen, wie sie es bisher getan hatte, unauffällig, ruhig, selbstbewusst, aber auch stark im Dulden. Sie verband damit eine bürgerliche Haltung, in der es galt, nicht viel Aufhebens um sich selbst zu machen. Sie wollte Max´ Erbe verwalten, seine Bilder hüten, eine aufrechte und verantwortungsvolle Künstlerwitwe sein. Zu spät begriff sie, dass es in der nationalsozialistischen Diktatur nicht allein an ihr Vermögen, ihren Komfort, ihre gesellschaftliche Stellung ging. Alles das hätte sie verkraftet. Jetzt ging es auch um ihr Leben. Ihr drohte die Deportation nach Theresienstadt. Natürlich wusste sie nicht genau, was sie dort erwarten würde, aber sie ahnte, dass es nicht nur Armut, sondern auch Demütigung und Entrechtung, vielleicht Krankheit und der jämmerliche Tod sein könnten. Und so versuchte sie im Jahr 1941, Deutschland mit der Hilfe von Freunden und Bewunderern ihres Mannes, die dabei ihr Leben riskierten, doch noch zu verlassen. Doch es war Krieg und eine Flucht für sie praktisch unmöglich.

Am frühen Morgen des 5. März 1943 erschien ein Kriminalbeamter in ihrer Wohnung in der Graf-Spee-Straße in Berlin-Tiergarten und überbrachte ihr die Aufforderung, sich für den Transport nach Theresienstadt fertig zu machen. Hatte der Mann Mitleid mit der 85jährigen gebrechlichen Dame, oder beeindruckte ihn ihre natürliche Autorität, die sie noch immer besaß? Er gab ihr jedenfalls zwei Stunden, um sich anzukleiden und ihre Sachen zusammenzupacken. Aber sie wollte sich nicht mehr ankleiden und packen…

„Martha“ ist Sophia Motts zweiter Roman. Wenn sie nicht schreibt, musiziert oder unterrichtet sie: Als studierte Kontrabassistin ist sie als Lehrkraft an der Musikschule Fulda und der musikkulturschule in Lauterbach tätig und Mitglied in zahlreichen Ensembles.

Der Eintritt zur Lesung ist frei, um eine Spende für das Projekt „Nie wieder Krieg!“ wird gebeten.

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