Adjuvante Behandlung von NSCLC: Bestimmte Betroffene profitieren von Osimertinib

Mit Osimertinib wurde erstmals ein Arzneimittel zur adjuvanten Behandlung nach vollständiger Tumorresektion bei Erwachsenen mit nicht kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) in den Stadien IB bis IIIA zugelassen. In einer frühen Nutzenbewertung hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) untersucht, ob der Wirkstoff Patientinnen und Patienten, in deren Gen für den epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor (EGFR) in Exon 19 eine Deletion oder in Exon 21 eine Substitutionsmutation vorliegt, einen  Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie bietet.

Demnach ist für Betroffene ohne vorherige adjuvante platinbasierte Chemotherapie ein Zusatznutzen nicht belegt. Haben Betroffene bereits eine solche Chemotherapie erhalten oder ist diese für sie nicht geeignet, gibt es dagegen einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen von Osimertinib gegenüber beobachtendem Abwarten als zweckmäßiger Vergleichstherapie.

Bedarf an weiteren adjuvanten Therapien

Beim nicht kleinzelligen Lungenkarzinom treten nach dem vollständigen Entfernen des Tumors oftmals Rezidive auf, etwa in Form von Fernmetastasen. Die Betroffenen werden dann adjuvant mit einer Chemotherapie behandelt, die aber die Metastasen häufig nicht einzudämmen vermag und die für andere Patientinnen und Patienten per se nicht geeignet ist. In diesen Fällen kann man einen sogenannten Tyrosinkinase-Inhibitor einsetzen, der sich gegen den epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor richtet, der bei den Betroffenen verändert ist oder im Übermaß produziert wird. Ein Wirkstoff aus dieser Substanzklasse, Osimertinib, ist nun für einen solchen adjuvanten Einsatz zugelassen worden.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) unterscheidet in seinem Bewertungsauftrag an das IQWiG zwei zweckmäßige Vergleichstherapien. Für Betroffene ohne vorherige adjuvante platinbasierte Chemotherapie besteht sie je nach Stadium der Erkrankung in beobachtendem Abwarten oder einer systemischen antineoplastischen Arzneimitteltherapie nach ärztlicher Maßgabe. Haben die Patientinnen und Patienten bereits eine adjuvante platinbasierte Chemotherapie erhalten oder ist diese für sie nicht geeignet, so ist beobachtendes Abwarten die alleinige zweckmäßige Vergleichstherapie.

Unklare Zuordnung der Betroffenen schränkt Aussagekraft ein

Der Hersteller geht in seinem Dossier davon aus, dass sein Wirkstoff für Patientinnen und Patienten, die trotz Eignung noch keine adjuvante platinbasierte Chemotherapie erhalten haben, bestenfalls in wenigen Fällen infrage kommt. Daher führt er lediglich eine Studie an, deren Teilnehmerinnen und Teilnehmer der zweiten Fragestellung entsprechen, also entweder schon eine adjuvante platinbasierte Chemotherapie durchlaufen haben oder keine solche Therapie erhalten können. Die noch laufende  randomisierte kontrollierte Studie vergleicht Osimertinib mit  Placebo und schließt Erwachsene mit NSCLC in den Stadien IB bis IIIA nach vollständiger Tumorresektion ein, deren Tumoren Mutationen des EGFR als Deletion im Exon 19 oder Substitutionsmutation im Exon 21 (L858R) aufwiesen.

Recht viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie – je nach Krankheitsstadium ein Viertel bis drei Viertel – haben zuvor keine adjuvante Chemotherapie erhalten, und die Gründe dafür bleiben offen. Damit ist unklar, ob für einen Teil von ihnen nicht doch eine platinbasierte Chemotherapie geeignet gewesen wäre. Diese Patientinnen und Patienten wären somit nicht von der Fragestellung umfasst. Aussagen zum Zusatznutzen von Osimertinib sind auf dieser Datenbasis zwar möglich, die Unsicherheit erlaubt aber höchstens die Ableitung von Anhaltspunkten.

Weniger Rezidive

Für Patientinnen und Patienten, die bereits eine adjuvante platinbasierte Chemotherapie erhalten haben oder für die diese nicht geeignet ist, ist ein Zusatznutzen gegenüber beobachtendem Abwarten in der Endpunktkategorie  Mortalität nicht belegt. In der Kategorie  Morbidität zeigen die Studiendaten einen Zusatznutzen im  Endpunkt Rezidive: Diese traten im Osimertinib-Arm seltener auf als im Placebo-Arm.

Für die psychischen Anteile der gesundheitsbezogenen Lebensqualität ist ein Zusatznutzen nicht belegt. Bei den körperlichen Aspekten der gesundheitsbezogenen Lebensqualität gibt es für Betroffene in den Stadien II und IIIA einen Anhaltspunkt für einen geringeren  Nutzen von Osimertinib im Vergleich zu beobachtendem Abwarten; für Patientinnen und Patienten im Stadium IB ist ein größerer oder geringerer Nutzen nicht belegt.

In einigen Endpunkten der Kategorie Nebenwirkungen zeigen sich Anhaltspunkte für einen höheren Schaden von Osimertinib gegenüber beobachtendem Abwarten.

Diese negativen Effekte wiegen jedoch den erheblichen Vorteil im Endpunkt Rezidive nicht vollständig auf. Zusammenfassend gibt es für Patientinnen und Patienten, die schon eine adjuvante platinbasierte Chemotherapie erhalten haben oder für die diese nicht geeignet ist, einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen.

Über die Behandlung von Betroffenen ohne vorherige adjuvante platinbasierte Chemotherapie liegen keine geeigneten Studiendaten vor, sodass ein Zusatznutzen von Osimertinib gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie für sie nicht belegt ist.

G‑BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens

Die Dossierbewertung ist Teil der frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), die der G‑BA verantwortet. Nach Publikation der Dossierbewertung führt der G‑BA ein Stellungnahmeverfahren durch und fasst einen abschließenden Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens.

Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt folgende Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem allgemein verständliche Informationen.

Über Stiftung für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

Das IQWiG ist ein unabhängiges wissenschaftliches Institut, das Nutzen und Schaden medizinischer Maßnahmen für Patienten untersucht. Wir informieren laufend darüber, welche Vor- und Nachteile verschiedene Therapien und Diagnoseverfahren haben können.

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